Die in jüngster Zeit noch intensiver gewordene Diskussion um die Grundlagen von Familie und Familienpolitik dürfte in den nächsten Monaten noch an Bedeutung gewinnen. An die veränderten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen am Beginn des neuen Jahrhunderts ist hier ebenso zu erinnern wie etwa an die inzwischen - nicht zuletzt durch die "Zuwanderungsdiskussion" - verstärkt in das öffentliche Bewusstsein gerückte demografische Problematik, die sich, was die generativen Strukturen angeht, auch in familienpolitischer Hinsicht kaum länger durch Tabuisierung verdrängen lässt. Der über Jahrzehnte mit den gedanklichen Grundlagen einer systematischen Familienpolitik vertraute Autor fasst in dem Band "Familienpolitische Denkanstösse", in dem einleitend auch im Blick auf die Bestrebungen um eine "Neue Soziale Marktwirtschaft" kurz die Bedeutung der Familie für die Wirtschafts- und Sozialordnung in Erinnerung gerufen wird, sieben Abhandlungen zusammen. Die thematisch aufeinander abgestimmten Beiträge bieten Grundlagen, auf die in den familienpolitischen Diskussionen wie auch in der politischen Bildungsarbeit mit Gewinn zurückgegriffen werden kann.


Die Sammlung beginnt mit einem Beitrag zur wissenschaftlichen und politischen Bedeutung von Familie und (Privat-)Haushalt, in dem zugleich für einen praxisorientierten interdisziplinären Ansatz der Familienwissenschaft plädiert wird. Sodann werden ausführlich sozialordnungspolitische Aufgaben der Familienpolitik am Beginn des neuen Jahrhunderts dargestellt. Den dabei sichtbar werdenden Problemen der Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit für Mütter und Väter ist ein weiterer Beitrag gewidmet, der eine konfliktfreiere Balance als gesellschaftliche Querschnittsaufgabe (und damit auch der Wirtschaft) behandelt.

Im vierten Beitrag wird für eine "bevölkerungsbewusste Familienpolitik" plädiert, deren Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen erörtert werden. Dies erfolgt im Hinblick auf die zu erheblichen Sorgen Anlass gebenden Geburtenentwicklung und die Entscheidungen für oder gegen Kinder im Spannungsfeld von individuellen Nutzenkalkülen und Gemeinwohlbelangen .

Die immer enger werdende Verflechtung von nationaler und supranationaler, EU-weiter Sozialpolitik gibt Anlass, die familienpolitische Verantwortung in der Gemeinschaftspolitik der EU zu thematisieren. In den verschiedenen Abhandlungen wird immer wieder die national wie international bisher unbefriedigende Vertretung der Familienbelange im Prozess der politischen Meinungsbildung sichtbar; daher wird im Blick auf ihr stärkeres Gewicht in einem besonderen Beitrag nach den auch verfassungsrechtlichen Möglichkeiten und Problemen eines "Familienwahlrechts" gefragt. Der Autor hält in dem abschließenden siebten Beitrag anhand ausgewählter Streiflichter aus 50 Jahren Familienpolitik bedenkenswerte Reflexionen, Erfahrungen und persönliche Erinnerungen fest.


Die "Denkanstösse" bleiben nicht im appellativen Raum stehen, sondern gewinnen ihre Begründungen auf einer analytischen Ebene, was die Sammlung insgesamt zu einer wichtigen Orientierunghilfe macht.


Max Wingen

Familienpolitische Denkanstöße

- sieben Abhandlungen -

Dezember 2001, 292 Seiten, 22 Euro